Wie die Maske auf dem Gesicht wächst und was dabei herauskommt

Es gibt ein allgemeines Muster im Umgang mit den Feinden der UOK, das in der Psychologie mit der Formel „Die Maske wächst zum Gesicht“ beschrieben wird. Wie kommt es dazu?
Erstaunliche Metamorphosen
Betrachtet man die Feinde der UOK und ihre zunehmend unverschämten Äußerungen, bekommt man den Eindruck, sie seien selbst bereits von ihren Aussagen überzeugt. Nehmen wir zum Beispiel die jüngsten Äußerungen von Jurij Tschernomorez, Theologe der OKU, Experte der Staatlichen Säkularen Gesellschaft, Professor und Doktor der Naturwissenschaften. In seinem Hass auf die UOK und ihre Gläubigen greift er bereits zu obszönen Worten.
„Patienten eines Irrenhauses und Anhänger einer totalitären Sekte – eins. Schlampen und Huren, die sich für das Geld der Orken (damit ist Russland gemeint - Anm. d. Red.) verkauft haben – zwei. Ich bin kein Staat. Ich würde mich mit euch nicht auf eine Zeremonie einlassen, ihr Schlampen“, schrieb J. Tschernomorez als Antwort auf einen Kommentar von Äbtissin Seraphima (Schewtschik), in dem sie gemeint hat, die UOK halte während der Verfolgung der Kirche durch die Behörden standhaft.
Dieser „Theologe“ ruft regelmäßig zu Repressalien gegen Vertreter der UOK auf. Doch vor einigen Jahren war J. Tschernomorez ein sehr religiöses Gemeindemitglied der UOK, empfing regelmäßig die Kommunion, schrieb eine Doktorarbeit über die Werke des Heiligen Gregor Palamas und so weiter. Wie kam es, dass er von aufrichtigem Glauben zu einem wahrscheinlich ebenso aufrichtigen Hass auf die Kirche gelangte?
Ein weiteres Beispiel: Der derzeitige Präsident der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj. Jeder erinnert sich, wie er als Komiker im „Kwartal 95“ (ein ukrainisches Runfunkunternehmen - Anm. d. Red.) die Religionspolitik von Petro Poroschenko verspottete. Jeder erinnert sich, wie er diese Politik im Wahlkampf scharf kritisierte. Jeder erinnert sich, wie er nach seiner Präsidentschaft Seiner Seligkeit Onufrij traf und versprach, die Rechte der UOK-Gemeindemitglieder zu schützen. Wie er sich mit den verfolgten UOK-Gemeinden in Riwne traf und versprach, sich um ihre Probleme zu kümmern. Und er erklärte auch, er werde sich nicht in religiöse Angelegenheiten einmischen und keiner Konfession den Vorzug geben. Jetzt bezeichnet er die UOK als einen russischen Agent in der Ukraine, zudem hat er die regelrechte Verfolgung der UOK organisiert, ein Gesetz zu ihrem Verbot erlassen und so weiter.
Ein weiteres Beispiel: Der Bürgermeister von Tscherkassy, A. Bondarenko, besuchte Metropolit Onufrij, um von ihm den Segen für seine Teilnahme an den Wahlen zu holen und forderte daraufhin die gewaltsame Besetzung der UOK-Kathedrale in Tscherkassy. Wie kommt es dazu?
Leugnung von Tatsachen
Es sei darauf hingewiesen, dass die Vorwürfe gegen die UOK, dem russischen FSB anzugehören, russische Narrative zu verbreiten, zu kollaborieren, usw. in ihrem Wesen irrational sind. Zahlreiche Fakten beweisen ausführlich das Gegenteil.
Erstens erklärte die UOK auf Hierarchie- und Leitungsebene ihre Ablehnung der Position der russisch-orthodoxen Kirche zum Krieg, verurteilte die russische Aggression und rief ihre Gläubigen zur Verteidigung der Ukraine auf. Zweitens dienen viele dieser Gläubigen tatsächlich in den ukrainischen Streitkräften und kämpfen für unsere Souveränität. Die Geistlichen beten für ukrainische Soldaten, halten Trauerfeiern für die Toten ab und helfen den Verwundeten. Drittens organisierte die UOK umfangreiche Hilfe für ukrainische Soldaten, sammelte Spenden für ihre Bedürfnisse ein, half Flüchtlingen usw. Fast jede Gemeinde und jedes Kloster leistete einen Beitrag zur Verteidigung der Ukraine. Viele Bischöfe und Priester haben Dankesbriefe des Kommandos der ukrainischen Streitkräfte für die geleistete Hilfe erhalten. Viertens führen der SBU und andere Strafverfolgungsbehörden seit Ende 2022 regelmäßig Durchsuchungen und Verhöre bei Vertretern der UOK durch, können jedoch keine überzeugenden Beweise für ihre Anschuldigungen vorlegen.
Im Jahr 2023 erklärte SBU-Chef Maljuk, seine Abteilung habe mehr als 60 Strafverfahren wegen antiukrainischer Aktivitäten von UOK-Geistlichen eingeleitet. Bis heute gab es in diesen Fällen nur sieben Gerichtsurteile. Allein in den ersten sechs Monaten des groß angelegten Einmarsches der Russischen Föderation in die Ukraine wurden mehr als 650 Verfahren wegen Landesverrats gegen Vertreter ukrainischer Strafverfolgungsbehörden eingeleitet.
Warum verflucht J. Tschernomorez die Sicherheitskräfte nicht, warum verbietet W. Selenskyj sie nicht durch einem entsprechenden Gesetz? Schließlich gab es in diesen Behörden zehnmal mehr Verräter als in der UOK. Wo bleibt da die Logik? Es gibt keine. Aber es gibt Psychologie, und die besagt Folgendes:
Selbsttäuschung, oder eine Maske auf persönlicher Ebene
Auf persönlicher psychologischer Ebene kommt es vor, dass eine Person, die die Wahrheit kennt (in unserem Fall, dass die UOK nicht die „Moskauer Kirche“ ist), plötzlich das Gegenteil erklärt (d.h. sie setzt eine Maske auf). Dies ist die erste Phase, in der eine Person weiß, dass sie nicht die Wahrheit sagt, aber aus irgendeinem Grund (Schutz des Rufs, Streben nach Gewinn, Vermeidung von Verantwortung usw.) beginnt, dies zu verbreiten.
In der zweiten Phase entsteht dann ein innerer Konflikt in der Psyche, eine Dissonanz zwischen dem, was man der Gesellschaft vermittelt, und den objektiven Tatsachen, die man wahrnimmt. Wie Jean-Paul Sartre in seinem Buch „Das Sein und das Nichts“ schrieb: „Selbsttäuschung liegt vor, wenn man die Wahrheit gleichzeitig kennt und nicht kennt.“ Der Autor der Theorie der kognitiven Dissonanz, der amerikanische Psychologe Leon Festinger, schreibt: „Wenn Fakten und Überzeugungen nicht übereinstimmen, erlebt man Spannung (Dissonanz) und versucht, diese abzubauen, indem man entweder die Überzeugungen oder die Wahrnehmung von Fakten verändert.“ Der Mensch steht somit vor einem Dilemma: eine unbequeme Wahrheit zu akzeptieren oder eine bequeme Lüge zu bevorzugen.
Entscheidet er sich für Letzteres, beginnt die dritte Phase. In seinem Bewusstsein findet ein kognitiver Prozess statt, bei dem der Mensch bewusst oder unbewusst die Realität verzerrt, um diesem inneren Konflikt zu entgehen. Das heißt, er zwingt sich, nicht den Fakten, sondern seinen eigenen Erfindungen zu glauben, die er zur Erreichung seiner eigenen Ziele geschaffen hat, und betreibt Selbsttäuschung. Er kann auch die Bedeutung von Fakten in seinem Bewusstsein verändern. In unserem Fall geht es darum, die Bedeutung der 60 Strafverfahren gegen Vertreter der UOK zu übertreiben und umgekehrt die Fakten, die die pro-ukrainische Haltung der UOK belegen, herunterzuspielen oder gar nicht zur Kenntnis zu nehmen. In der Psychologie nennt man das „Verdrängung“.
Die vierte Phase: Die Maske wächst ins Gesicht. Die Lüge wird in die persönliche Identität des Menschen eingebaut, und er beginnt aufrichtig zu glauben, dass seine Überzeugungen wahr sind – in diesem Fall, dass die UOK in Wirklichkeit „Kollaborateure“ und „FSB-Agenten“ sind. Nachdem er die Realität in seinem Bewusstsein verdrängt hat, bleibt er seinen Überzeugungen treu. Der amerikanische Anthropologe und Psychologe Ernest Becker schreibt in seinem Buch „The Denial of Death“ (für das er den Pulitzer-Preis bekam): „Wir belügen nicht nur andere; wir belügen uns selbst, um mit uns selbst leben zu können.“
Wenn die Maske ins Gesicht wächst, löst ein Mensch nicht nur seinen kognitiven Konflikt mit Lügen, was ihm das Leben psychologisch erleichtert, sondern diese wirken auch für andere überzeugender. Der amerikanische Psychologe und Soziobiologe Robert Trivers schreibt in seinem Buch „Die Torheit der Narren: Die Logik der Täuschung und Selbsttäuschung im menschlichen Leben“: „Selbsttäuschung entwickelte sich als Mittel der Täuschung: Wir täuschen uns selbst, um andere besser täuschen zu können.“
Die fünfte Phase. Fühlt sich ein Mensch kurzfristig psychisch besser, treten langfristig katastrophale Veränderungen seiner Persönlichkeit auf, die ab einem bestimmten Punkt unwiderruflich werden können. Der amerikanische Psychotherapeut und Begründer der kognitiven Psychotherapie Aaron Beck erklärt: „Selbsttäuschung trägt zur Bildung einer negativen kognitiven Triade bei: einer negativen Wahrnehmung von sich selbst, der Welt und der Zukunft.“ Der kognitive Konflikt verschwindet nicht, sondern nimmt lediglich eine latente (verborgene) Form an und zerstört weiterhin die menschliche Psyche. Folgende Symptome entwickeln sich:
- Verzerrung von Erinnerung und Realität;
- vermindertes kritisches Denken;
- Angst und Depression;
- Entwicklung psychologischer Schutzmechanismen (Verdrängung, Projektion, Verleugnung).
In extremen Fällen kann dies zu folgenden Folgen führen:
- Persönlichkeitsstörung;
- Paranoia;
- Realitätsverlust (Pseudodemenz, Konfabulation).
Es ist möglich, aus diesem Zustand herauszukommen, erfordert aber erhebliche Anstrengungen und eine langfristige Psychotherapie. Und trotz allem ist der Erfolg alles andere als garantiert.
Die Kirche bietet jedoch eine andere, wirksamere Methode an: die Reue. Sie ist eines der Sakramente der Kirche, bei der nicht ein Psychotherapeut, sondern Gott selbst, der Schöpfer allen Seins, einem Menschen hilft. Doch zur Reue zu gelangen kann schwieriger sein als zu einem Psychotherapeuten zu gehen, doch mit Entschlossenheit geht alles leichter.
Maske auf politischer Ebene
Wenn sich ein Mensch selbst täuscht, schafft das Probleme für ihn und sein unmittelbares Umfeld. Wenn ein Politiker, der das Schicksal von Menschen beeinflusst, dies tut, können die negativen Folgen Millionen von Menschen betreffen. Das Aufsetzen einer Maske auf politischer Ebene hat seine eigenen Merkmale. Ein Politiker, der sich selbst täuscht, durchläuft dieselben Phasen, jedoch mit zusätzlichen Nuancen.
In der ersten Phase, wenn Politiker beginnen, bewusst eine Lüge in die Gesellschaft zu tragen, versuchen sie, die Erwartungen der sozialen Gruppe, auf die sie sich stützen, zu erfüllen und deren Sympathie zu gewinnen. Zudem können sich diese Gruppen verändern, und dementsprechend verändert sich auch die Maske. Unter dem ständigen Druck bestimmter Erwartungen beginnen Politiker, das zu sagen, was dieser Gruppe gefällt, obwohl sie selbst wissen, dass es nicht stimmt. Ihre Ziele sind einfach: an der Macht zu bleiben oder sie zu stärken. Deshalb lügen sie zunächst bewusst, um die Massen zu manipulieren und sich das gewünschte Image zu verschaffen.
Die zweite Phase vollzieht sich meist sehr schnell. Die Entscheidung zwischen Wahrheit und Maske fällt augenblicklich. Der Einsatz im politischen Spiel ist zu hoch. Die Entscheidung für die Wahrheit führt oft zum Verlust von Macht, Einfluss, materiellen Gütern und manchmal auch von Freiheit und Leben.
In der dritten Phase beginnen Politiker, sich selbst davon zu überzeugen, dass die Lügen berechtigt sind. In der Psychologie nennt man dies „Rationalisierung von Lügen“. Folgende Argumente werden am häufigsten verwendet:
- diese Lüge ist notwendig für das Wohl des Landes und des Volkes;
- ich habe keine Wahl, es gibt keinen anderen Weg;
- der Feind steht vor den Toren;
- ich rette das Land vor der Katastrophe.
Hier tritt ein weiteres Merkmal zum Vorschein, das für die persönliche Ebene untypisch ist: „kollektive Bestätigung“ (Gruppendenken). Da sich ein Politiker mit Menschen aus der sozialen Gruppe umgibt, auf die er sich stützt, beginnen diese, eine „virtuelle Realität“ um ihn herum zu erschaffen. Ein Effekt namens „Spiegelraum“ tritt ein, wenn ein Politiker um sich herum nur ein Spiegelbild seiner eigenen Überzeugungen sieht. Berater und Umfeld sagen ihm nicht die Wahrheit oder spielen ihre Bedeutung herunter und verstärken auf jede erdenkliche Weise seine Wahnvorstellungen und seine verzerrte Wahrnehmung der Realität.
Die fünfte Phase beginnt. Politiker verlieren die Fähigkeit, die Wahrheit zu erkennen, weil sie für ihr Ego (Selbstbewusstsein) und ihre Macht zu gefährlich ist. Sie werden zu Geiseln ihrer eigenen Lügen und glauben aufrichtig an sie. Selbst angesichts unwiderlegbarer Fakten verteidigen sie hartnäckig ihre falschen Überzeugungen, weil sie weder anderen noch sich selbst ihre eigenen Wahnvorstellungen, Schwächen und Inkompetenz eingestehen können. Zudem entwickeln Politiker im „Spiegelraum“ schnell die Überzeugung von ihrer eigenen Unfehlbarkeit oder gar Messianismus.
Gleichzeitig wird eine Lüge, eine Maske, nicht nur Teil der persönlichen, sondern auch der nationalen Identität des Politikers. Dies wird als „Introjektion der Ideologie“ bezeichnet. Ihr Wesen liegt darin, dass eine Person die ideologischen Einstellungen des äußeren Umfelds (Gesellschaft, Staat usw.) als ihre persönlichen Überzeugungen akzeptiert, ohne sich zunächst ihrer äußeren Herkunft bewusst zu sein. Besonders deutlich wird dies am Beispiel der Verfolgung der UOK. Politiker und nach ihnen die Medien und Meinungsführer projizierten ihre eigene Selbsttäuschung auf unsere Gesellschaft. Und nun sehen wir, wie Menschen, die der Kirche zuvor positiv oder neutral gegenüberstanden, beginnen, sie zu hassen, ihr Verbot zu unterstützen und Gesetzlosigkeit und Grausamkeit gegenüber Gläubigen zu rechtfertigen. Gleichzeitig machen sie sich nicht die Mühe, die aufgezwungene Narrative einer gründlichen Prüfung der Tatsachen zu unterziehen oder kritisch zu analysieren.
Die Massen erliegen einer solchen Manipulation in der Regel leicht, da sie dadurch von der Notwendigkeit befreit werden, eigene Entscheidungen zu treffen und Verantwortung dafür zu übernehmen. Wie der deutsche Soziologe, Philosoph, Sozialpsychologe und Psychoanalytiker Erich Fromm in seinem Werk „Die Flucht vor der Freiheit“ schrieb: „Der Massenmensch zieht die Selbsttäuschung vor, wenn sie ihn von Angst und Entscheidung befreit.“
All dies führt oft zu Katastrophen von nationalem Ausmaß und noch größeren Ausmaßes. Ein Blick in die Menschheitsgeschichte liefert genügend solcher Beispiele. Die markantesten finden sich in der Mitte des 20. Jahrhunderts.
Eine Maske auf religiöser Ebene
Wenn sich eine Lüge, die zunächst erkannt wird, dann zur „Wahrheit“ wird und sich in seinem Gesicht festsetzt, gegen Gott und seine Kirche richtet, sind die Folgen noch verheerender. Dies geschieht, weil nicht nur psychologische, sondern auch spirituelle Mechanismen und Muster zu wirken beginnen. Kirchenverfolgung richtete sich stets gegen die Verfolger und brachte den betroffenen Nationen und Staaten Unheil. „Irrt euch nicht: Gott lässt sich nicht verspotten. Was der Mensch sät, das wird er auch ernten...“ (Gal. 6,7).
Schlagen wir das Evangelium auf und sehen wir, wie dort die Entwicklung der Selbsttäuschung und ihre Folgen beschrieben werden.
Die religiösen Führer des israelischen Volkes, die Pharisäer, erkannten deutlich, dass Jesus von Nazareth alles in strikter Übereinstimmung mit den Büchern des Alten Testaments predigte. Sie sahen die großen Wunder, die er vollbrachte.
Sie sahen, wie er einem blind geborenen Mann die Augen öffnete (Johannesevangelium, 9. Perikope), wie er den vier Tage alten Lazarus auferweckte, dessen Leichnam bereits stank und verweste (Johannesevangelium, 11. Perikope) und wie er viele andere Wunder vollbrachte, die vor ihm noch niemand vollbracht hatte. Die Pharisäer waren sich durchaus bewusst, dass vor ihnen ein Mensch stand, der von Gott gekommen war. Der Evangelist Johannes schreibt darüber direkt: „Es war da ein Mensch unter den Pharisäern mit Namen Nikodemus, ein Oberster der Juden. Dieser kam bei Nacht zu Jesus und sagte zu ihm: Meister, wir wissen, dass du ein Lehrer bist, der von Gott gekommen ist. Denn niemand kann diese Zeichen tun, die du tust, es sei denn, Gott ist mit ihm“ (Johannes 3,1-2). Lassen Sie uns dieses Detail hervorheben: Nikodemus sagt nicht „ich weiß“, sondern „wir wissen“, das heißt die Pharisäer und die jüdischen Anführer. Die Pharisäer und Schriftgelehrten waren ausgezeichnete Kenner der Schriften des Alten Testaments. Sie untersuchten jeden Buchstaben darin und erkannten deutlich, dass sich alle Prophezeiungen über Christus in Jesus von Nazareth erfüllten.
Doch die Pharisäer wollten Jesus nicht als Messias anerkennen, weil sie Angst hatten, die Macht zu verlieren und sich vor einem Aufstand fürchteten, der von den Römern brutal niedergeschlagen werden könnte. „Da versammelten die Hohenpriester und die Pharisäer einen Rat und sprachen: Was sollen wir tun? Dieser Mensch tut viele Zeichen. Wenn wir ihn so lassen, werden alle an ihn glauben, und die Römer werden kommen und uns Land und Volk nehmen.“ Einer von ihnen, ein gewisser Kaiphas, der in jenem Jahr Hoherpriester war, sagte zu ihnen: Ihr wisst nichts und bedenkt nicht, dass es besser für uns ist, dass ein Mensch für das Volk stirbt, als dass das ganze Volk zugrunde geht. Dies sagte er nicht aus eigenem Antrieb, sondern weil er Hoherpriester in jenem Jahr war, prophezeite er. Denn Jesus sollte sterben für das Volk 52 und nicht für das Volk allein, sondern auch, um die verstreuten Kinder Gottes zusammenzubringen. Von dem Tage an war es für sie beschlossen, dass sie ihn töteten“ (Johannes 11,47–53).
Der oben erwähnte kognitive Konflikt entstand im Bewusstsein der Pharisäer. Einerseits sahen sie Wunder und kannten die Prophezeiungen, andererseits wollten sie Macht und Privilegien nicht aufgeben.
Christus selbst wies sie auf diesen inneren Konflikt, die Dualität und die Diskrepanz zwischen den Aussagen der Pharisäer und den Tatsachen und der Heiligen Schrift hin. „Wenn ich von mir selbst zeuge, so ist mein Zeugnis nicht wahr. Ein anderer ist’s, der von mir zeugt; und ich weiß, dass das Zeugnis wahr ist, das er von mir gibt. Ihr habt zu Johannes geschickt, und er hat die Wahrheit bezeugt. Ich aber nehme nicht von einem Menschen Zeugnis an; sondern ich sage das, damit ihr selig werdet. Er war ein brennendes und strahlendes Licht; ihr aber wolltet eine kleine Weile fröhlich sein in seinem Licht. Ich aber habe ein größeres Zeugnis als das des Johannes; denn die Werke, die mir der Vater gegeben hat, damit ich sie vollende, ebendiese Werke, die ich tue, zeugen von mir, dass mich der Vater gesandt hat. Und der Vater, der mich gesandt hat, hat von mir Zeugnis gegeben. Ihr habt niemals seine Stimme gehört noch seine Gestalt gesehen und sein Wort habt ihr nicht in euch wohnen; denn ihr glaubt dem nicht, den er gesandt hat. Ihr sucht in den Schriften, denn ihr meint, ihr habt das ewige Leben darin; und sie sind’s, die von mir zeugen.“ (Johannes 5,31–39).
Und so treffen die Pharisäer und jüdischen Anführer nicht nur selbst die Entscheidung, die in der dritten Phase der „Maskenaufsetzung“ beschrieben wird, sondern verkünden sie auch dem Volk. Und nun fordert die Masse der Menschen, die Christus folgten und ihn als Messias erkannten, innerhalb weniger Tage den Tod Jesu, und sie tun dies unter dem Einfluss der pharisäischen Propaganda: „Aber die Hohenpriester und die Ältesten überredeten das Volk, dass sie um Barabbas bitten, Jesus aber umbringen sollten. Da antwortete nun der Statthalter und sprach zu ihnen: Welchen wollt ihr? Wen von den beiden soll ich euch losgeben? Sie sprachen: Barabbas! Pilatus sprach zu ihnen: Was soll ich dann machen mit Jesus, von dem gesagt wird, er sei der Christus? Sie sprachen alle: Lass ihn kreuzigen! Er aber sagte: Was hat er denn Böses getan? Sie schrien aber noch mehr: Lass ihn kreuzigen!“ (Matthäus 27,20–23).
Hatten die Menschen Pilatus’ Frage – was hat dieser Mensch Böses getan? – ernsthaft bedacht? Sie hätten gesehen, dass Christus keine einzige böse Tat begangen und kein einziges böses Wort gesagt hatte. Doch sie zogen es vor, einfach nicht darüber nachzudenken und die Augen vor der unbequemen Wahrheit zu verschließen. Die Maske wuchs auf ihren Gesichtern, sie begannen aufrichtig an Lügen zu glauben, obwohl die Wahrheit vor ihren Augen lag, und in diesem Glauben wurden sie verrückt.
„Da aber Pilatus sah, dass er nichts ausrichtete, sondern das Getümmel immer größer wurde, nahm er Wasser und wusch sich die Hände vor dem Volk und sprach: Ich bin unschuldig am Blut dieses Menschen; seht ihr zu! Da antwortete alles Volk und sprach: Sein Blut komme über uns und unsere Kinder!“ (Matthäus 27,24–25).
Jeder weiß genau, was dem jüdischen Volk später widerfuhr: die brutale Zerstörung Jerusalems und die Vernichtung seiner Bewohner durch die Truppen des späteren Kaisers Titus im Jahr 70, die fast 2000 Jahre lange Zerstreuung des jüdischen Volkes und alles andere.
Nachwort
Was können wir tun, um Selbsttäuschung, persönliche oder Massenpsychosen zu vermeiden? Aus wissenschaftlicher Sicht müssen wir die Tatsachen unvoreingenommen betrachten und die Aussagen, die uns aufgezwungen werden, analysieren und kritisieren. Außerdem dürfen wir keine Angst vor der Wahrheit haben, egal wie unbequem und ungünstig sie auch sein möge.
Geistlich betrachtet muss jede Realität im Licht des Evangeliums erkannt werden. Durch die Lektüre der Heiligen Schrift und die Aneignung ihres patristischen Verständnisses können wir die Tatsachen erkennen und richtig bewerten. Ohne dies sind wir Propaganda und Selbsttäuschung wehrlos ausgeliefert. Nur das Befolgen der Lehren Christi kann uns vor dem katastrophalen Verfaulen der Persönlichkeit bewahren, wenn die Maske auf unser Gesicht wächst.