Die Heiligen Apostel Petrus und Paulus und der päpstliche Primat

Lasst uns am Festtag der Apostelfürsten über die Rolle der Apostel Petrus und Paulus für die römische Gemeinde sprechen sowie darüber, ob der Primat der Apostel eine echte Rechtfertigung für die Macht des Papstes im Katholizismus darstellt.
Wir wissen viel über die Persönlichkeiten der obersten Apostel Petrus und Paulus, und deshalb werden wir sie an ihrem Gedenktag, der in der Orthodoxen Kirche am 12. Juli gefeiert wird, aus einer etwas ungewöhnlichen Perspektive betrachten.
Unter Gläubigen wird immer wieder über Dialog und eine mögliche Vereinigung von Orthodoxen und Katholiken diskutiert. In diesem Zusammenhang gibt es tatsächlich gewisse Strömungen, die Besorgnis oder zumindest Vorsicht auslösen. Wir werden uns in diesem Thema nicht weiter vertiefen, sondern, angesichts des Festes, über eine derartige Häresie wie den Primat des Papstes sprechen und einige Argumente der katholischen Seite sowie die Reaktionen darauf analysieren.
Es ist kein Geheimnis, dass die Unfehlbarkeit des römischen Papstes mit der Übertragung besonderer Macht durch den Erlöser an den Apostel Petrus gerechtfertigt wird. In der Regel werden drei Verweise auf das Evangelium angeführt, um diese These zu untermauern.
Der erste „Beweis“ steht im Zusammenhang mit dem Bekenntnis des Apostels Petrus zu Christus als Sohn des lebendigen Gottes, woraufhin der Erlöser die berühmten Worte aussprach: „Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen, und die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen. Ich will dir die Schlüssel des Himmelreichs geben: Was du auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, soll auch im Himmel gelöst sein.“ (Matthäus 16,18-19). Aus diesem Zitat ziehen Katholiken den falschen Schluss, dass die Kirche auf dem Apostel Petrus gegründet sei und es ohne ihn keine wahre Kirche gibt und geben kann. Dabei kann die Kirche allein ohne unseren Herrn Jesus Christus nicht existieren.
Der Apostel Petrus bildet zusammen mit den anderen Aposteln das Fundament der Kirche, weil er Apostel ist, und nicht weil er Petrus ist.
Erinnern wir uns, dass eine der wesentlichen Eigenschaften der Kirche, die im Glaubensbekenntnis eingeschlossen wurde, das Apostelamt (aber nicht die „Petrinität“) ist. Der Eckstein der Kirche ist Christus selbst, wie Paulus deutlich hervorhebt (Eph 2,19-21), während der Apostel Petrus zusammen mit den anderen Aposteln das Fundament der Kirche bildet, eben weil er Apostel, und nicht weil er Petrus ist.
Wer nicht in Gemeinschaft mit den Nachfolgern der Apostel – den Bischöfen – steht, steht außerhalb der Kirche. Zahlreiche Aussagen der Heiligen Väter bestätigen diese Meinung. Um dies zu untermauern, betrachten wir die Aussagen lateinischer Autoritäten:
„Die Kirche ist auf Petrus gegründet; so ist es“, schreibt der selige Hieronymus von Stridon, „aber an anderer Stelle heißt es über alle Apostel, dass sie auf ihnen erbaut ist und dass sie alle die Schlüssel zum Himmelreich empfangen haben … Die Kraft der Kirche ruht in gleicher Weise auf ihnen allen.“ Der selige Augustinus legt den Schwerpunkt etwas anders: „Die Kirche ist auf dem erbaut, den Petrus bekannte.“
Wir sehen deutlich, dass der Erlöser Petrus nichts zuschreibt und nichts delegiert, was er nicht auch auf die anderen Aposteln überträgt.
Die zweite Stelle im Evangelium, auf die sich Katholiken in der Frage des päpstlichen Primats berufen, ist mit dem Letzten Abendmahl verbunden, bei dem Christus zu Petrus sagte: „Simon, Simon, siehe, der Satan hat begehrt, euch zu sieben wie den Weizen. Ich aber habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht aufhöre. Und wenn du dann umkehrst, so stärke deine Brüder.“ (Lukas 22,31). Angesichts der scheinbaren Selbstverständlichkeit von Petrus‘ besonderer Rolle vergessen wir, in welchem Kontext der Erlöser diese Worte sprach, denn weiter unten ist von der bevorstehenden Verleugnung des Apostels die Rede, und der Lehrer betet um die Stärkung seines Glaubens.
Nach dem Verrat bereute der Apostel Petrus, und Christus, der dies voraussah, wies ihn auf die Notwendigkeit hin, aus eigener Erfahrung diejenigen zu stärken, die im Glauben wanken – im guten Sinne ist dies die Aufgabe eines jeden Bischofs im Allgemeinen. Im zitierten Text einen Hinweis auf besondere Vollmachten des Petrus zu sehen, ist weit hergeholt. Diese kamen erst im 7. Jahrhundert auf Betreiben von Papst Agathon auf.
„Die Ältesten unter euch ermahne ich, der Mitälteste und Zeuge der Leiden Christi, der ich auch teilhabe an der Herrlichkeit, die offenbart werden soll: Weidet die Herde Gottes, die euch anbefohlen ist, und achtet auf sie, nicht gezwungen, sondern freiwillig, wie es Gott gefällt, nicht um schändlichen Gewinns willen, sondern von Herzensgrund, nicht als solche, die über die Gemeinden herrschen, sondern als Vorbilder der Herde.“ (1. Petrus 5,1-3).
Dritter Punkt schließlich ist mit Petrus‘ dreifachem Bekenntnis der Liebe zu Christus nach dessen Auferstehung und seiner Belehrung über die Notwendigkeit verbunden, „die Schafe zu hüten“ (Johannes 21,15-17). Wir wissen, dass das dreifache Bekenntnis direkt mit der dreifachen Verleugnung verbunden ist. Die Lateiner legen nahe, den Hirtendienst–eigentlich die Pflicht eines jeden Priesters–im Sinne von Herrschaft zu verstehen. Wenn Petrus' Hirtenamt besondere Vorrechte hat, stellen wir eine rhetorische Frage: Warum spricht der Apostel selbst die Ältesten in seinem Brief als Gleichgestellte an: „Die Ältesten unter euch ermahne ich, der Mitälteste und Zeuge der Leiden Christi, der ich auch teilhabe an der Herrlichkeit, die offenbart werden soll: Weidet die Herde Gottes, die euch anbefohlen ist, und achtet auf sie, nicht gezwungen, sondern freiwillig, wie es Gott gefällt, nicht um schändlichen Gewinns willen, sondern von Herzensgrund, nicht als solche, die über die Gemeinden herrschen, sondern als Vorbilder der Herde“ (1. Petrus 5,1-3)?
Was den Apostel Paulus betrifft, so traf er vor Petrus in Rom ein. Es liegt auf der Hand, dass selbst so weit hergeholte Argumente wie die in Bezug auf Petrus nicht erfunden werden können, um den Primat des Papstes gegenüber Paulus zu rechtfertigen. Daher schweigt die katholische Lehre über ihn.
Im Römerbrief, der meist auf das Jahr 58 datiert wird, gibt es eine interessante Stelle, an der der Apostel sagt, er wolle den römischen Christen „eine gewisse geistliche Gabe“ vermitteln (Röm 1,11). Daraus stellt sich die Frage: Wenn der Apostel Petrus vor Paulus in Rom predigte, was kann dann dieser das geben, was Petrus nicht geben konnte?
Auch im Brief erwähnt er bei der Auflistung der ihm bekannten römischen Christen den Namen Petrus nicht, obwohl die spätere Überlieferung besagt, dass Petrus 25 Jahre lang Bischof von Rom war. Eine Analyse der Namen lässt darauf schließen, dass die römischen Christen keine gebürtigen Römer waren und keine organisierte Kirchenstruktur- und Hierarchie besaßen, was nach den angeblich früheren Predigten des Petrus dort auch unmöglich gewesen wäre.
Die Ankunft des Apostels Paulus in Rom und sein Martyrium spielten eine entscheidende Rolle bei der Etablierung des Christentums in der Hauptstadt, das sogar bis an den kaiserlichen Hof vordrang. Dies bedeutet nicht, dass die Persönlichkeit des Apostels Petrus weniger bedeutsam ist, aber in dieser Angelegenheit müssen wir Spekulationen vermeiden, um nicht in Häresie zu verfallen. Wir müssen auch genügend Argumente im Kopf haben, die es uns ermöglichen, angesichts der apostolischen Leistung unsere Hoffnung auf Christus zu stärken.