„Wir sind hier nicht zufällig“ – Predigt des serbischen Priesters zum Triumph der Orthodoxie
Priester Saša Vračević – Predigt zur Vesper der Orthodoxie
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Ehrenwerte Priester der Orthodoxen Kirchen, Geliebte Brüder und Schwestern
im Herrn, Liebe Christen,
Mit der heutigen Vesper beginnen wir den Triumph der Orthodoxie zu feiern –
den Sieg der Wahrheit über die Irrlehren, den Sieg der Heiligen Überlieferung
über menschliche Willkür, den Sieg der Kirche über die Spaltungen. Dieses Fest
erinnert uns daran, dass die Orthodoxie nicht nur eine Tradition oder eine
kulturelle Identität ist, sondern die lebendige Wahrheit Gottes, die durch die
Jahrhunderte getragen wurde.
Die Orthodoxie ist kein bloßes System menschlicher Überzeugungen. Unsere
Autorität beruht nicht auf einer einzelnen Person, wie der Papst sie in der
Römisch-Katholischen Kirche verkörpert, und sie beruht auch nicht allein auf
der Heiligen Schrift, wie es in der evangelischen Tradition der Fall ist. Unsere
Kirche schöpft ihre Autorität aus der gesamten Erfahrung der Heiligen, aus der
ungebrochenen Tradition der Kirche, aus der Heiligen Schrift im Licht der
kirchlichen Überlieferung und aus dem lebendigen Verhältnis zwischen Gott
und Mensch, das in der göttlichen Liturgie, im Gebet und in den Sakramenten
erfahren wird. Diese Fülle des Glaubens ist es, die unsere Kirche bewahrt und
uns auf dem Weg des Heils führt.
Wir Orthodoxen sind hier in Deutschland noch relativ neu. Die meisten von uns
sind aus verschiedenen Ländern hierhergekommen – aus Griechenland,
Russland, Serbien, Rumänien, Georgien und vielen anderen orthodoxen
Ländern. Doch obwohl wir verschiedene ethnische Wurzeln haben, sind wir
vereint in der einen heiligen, katholischen und apostolischen Kirche. Diese
Einheit ist nicht nur ein äußerer Zusammenhalt, sondern sie gründet sich in der
Wahrheit Christi, die uns alle verbindet.
Aber nicht nur wir selbst tragen das Licht der Orthodoxie – auch andere zeigen
Interesse daran. Immer wieder gibt es Menschen, die, berührt von der Schönheit
unserer Liturgie, der Tiefe unserer Theologie und der Heiligkeit unserer
Tradition, nach der Orthodoxie fragen. Dies ist ein Zeichen, dass die Wahrheit
der Kirche für alle Menschen bestimmt ist, nicht nur für diejenigen, die in ihr
geboren wurden. Unsere Aufgabe ist es, diesen Suchenden eine geistliche
Heimat zu bieten und ihnen den Reichtum des orthodoxen Glaubens zu
erschließen.
Unsere Mission hier in Deutschland ist es daher, nicht nur unser eigenes Leben
im Einklang mit der Orthodoxie zu führen, sondern auch dieses Licht
weiterzugeben. Wir sind hier nicht zufällig. Der Herr hat uns in dieses Land
geführt, um ein Zeugnis für die Wahrheit zu geben. Wir sollen nicht in einer
ethnischen Enklave verharren, sondern das Evangelium allen Menschen bringen,
die nach der Wahrheit suchen. Deutschland hat eine lange christliche
Geschichte, aber viele Menschen sind geistlich entwurzelt und suchen nach
einer festen Grundlage. Ihnen dürfen wir das dauerhafte Siegel der Orthodoxie
bringen, nicht mit Druck, sondern mit der Kraft des gelebten Glaubens, mit
Liebe, Demut und Wahrheit. Wir dürfen nicht fürchten, dass wir, wenn wir uns
den anderen Völkern oder dem deutschen Volke in Deutschland anbieten, unsere
Identität verlieren werden. Denn unsere Identität liegt nicht in nationalen oder
kulturellen Grenzen, sondern in Christus selbst. Die Orthodoxie hat in ihrer
Geschichte viele Kulturen geprägt, ohne ihre wahre Essenz zu verlieren.
Vielmehr bereichert sie die Völker, indem sie ihnen die Fülle der Wahrheit
bringt. So können auch wir mit Freude und Vertrauen den Menschen in diesem
Land begegnen, ohne Angst vor einem Verlust unserer Wurzeln, sondern mit der
Zuversicht, dass das orthodoxe Glaubensgut in jeder Kultur seine Schönheit
entfalten kann.
Möge der Herr uns Kraft geben, treue Zeugen seiner Wahrheit zu sein, unsere
Kirche in Einheit und Liebe zu bewahren und das Licht der Orthodoxie in dieser
Welt leuchten zu lassen.
Ehre sei Gott, jetzt und immerdar und in die Ewigkeit der Ewigkeit. Amen.
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