„So wie der Körper brechen kann, kann auch die Psyche brechen“
Priester Matthias Fröse von der russisch-orthodoxen Gemeinde des Heiligen Christophorus Mainz spricht in einem Video über Mitgefühl, geistliche Unterscheidung und verantwortliche Begleitung im Umgang mit psychischen Erkrankungen.
In seinem vierten thematischen Videobeitrag außerhalb der Predigten spricht Priester Matthias Fröse von der russisch-orthodoxen Gemeinde des Heiligen Christophorus Mainz (ROK) über den Umgang mit psychischen Erkrankungen aus orthodoxer Sicht. Der Geistliche geht dabei auf seelsorgerliche, geistliche und praktische Fragen ein. Die Gemeinde veröffentlichte den Beitrag auf ihrem YouTube-Kanal.
Priester Matthias Fröse macht in seinem Beitrag deutlich, dass psychische Erkrankungen aus orthodoxer Sicht weder geistliche Schwäche noch moralisches Versagen darstellen. Die kirchliche Tradition verstehe den Menschen als untrennbare Einheit von Körper, Seele und Geist. „So wie der Körper brechen kann, kann auch die Psyche brechen“, erklärt der Geistliche und betont, dass Leid oft aus Verletzungen hervorgehe, die der Mensch nicht selbst gewählt habe.
Zentral ist für den Geistlichen der Aufruf zu Mitgefühl ohne Verurteilung. Menschen mit psychischen Erkrankungen seien nicht als Problemfälle zu betrachten, sondern als Personen, die trotz aller Belastungen das Ebenbild Gottes in sich tragen. Zugleich warnt er vor vorschnellen geistlichen Deutungen psychischer Symptome: „Nicht jeder dunkle Gedanke ist ein dämonischer Angriff.“ Geistliche Nüchternheit und Unterscheidung seien daher unverzichtbar.
Ausdrücklich spricht sich der Priester für die Verbindung von geistlicher Begleitung und professioneller Hilfe aus. Psychotherapie, medizinische Behandlung oder Medikamente stünden nicht im Widerspruch zum Glauben. Die Aufgabe von Angehörigen und Gemeindemitgliedern bestehe darin, präsent zu sein, zuzuhören und zu begleiten – nicht darin, Diagnosen zu stellen oder schnellen Lösungen nachzujagen.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf klaren Grenzen in der Nächstenliebe. Begleitung bedeute nicht Selbstaufgabe, sondern eine reife Liebe, die auch die eigenen Kräfte ernst nehme. Angehörige bräuchten selbst Fürsorge und geistliche Stärkung. Abschließend erinnert Priester Matthias Fröse an die Hoffnung der Kirche: Psychische Krankheit entwerte keinen Menschen. Gott verlasse niemanden, und die Kirche begleite jeden mit der Gewissheit, dass am Ende nicht die Krankheit, sondern die Liebe das letzte Wort habe.
Die UOJ berichtete zuvor, dass Altvater Johannes aus dem Dreifaltigkeitskloster Buchhagen im Interview den Maßstab setzte: „Strenge im Heiligen, Milde im Menschlichen.“
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