„Besonders der Künstler soll sein Talent zur Ehre Gottes einsetzen“ – Martin Rybacki

Martin Rybacki schenkt Altvater Gabriel Bunge eine Ikone. Illustration: UOJ

Wie wir bereits in unseren früheren Artikeln geschrieben haben, entwickelt sich die Orthodoxie in Deutschland rasant. Es entstehen immer neue Gemeinden verschiedener orthodoxer Konfessionen. Gleichzeitig entwickelt sich auch die orthodoxe Kultur, insbesondere die orthodoxe Ikonenkunst. Einer der bekannten Vertreter der deutschen orthodoxen Ikonenkunst ist Martin Rybacki. Wir haben uns entschieden, ein Interview mit ihm zu führen, dem er freundlicherweise zugestimmt hat, und er hat uns zudem einige seiner Ikonen zur Verfügung gestellt, die Sie zwischen den Kapiteln und Fragen dieses Interviews sehen werden.

Erzählen Sie bitte etwas über sich: Wie sind Sie zum Glauben gekommen?


Danke für die Einladung.
Ich hoffe, dass mein Selbstbericht anderen nützlich sein kann.

Da ich in Polen geboren wurde, kam ich quasi katholisch aus dem Mutterschoße. Der kleine Kinderglaube konnte aber ausgerechnet dem deutschen Religionsunsunterricht und der katholischen Kirche nicht standhalten und so ging das Wenige verloren, was da war. Gott hatte aber den Samen gesät, denn ich fand ja zurück. Für mich war entscheidend, dass ich früh lernte zu beten, knieend am Bettchen neben meiner Schwester. Später, nach einer langen Sinnsuche (vor allem suchte ich in der Kunst nach Sinn) und den Konsequenzen eines unchristlichen Lebens, sah ich mich in einer tiefen Krise. Mit solchen Tiefpunkten kann Christus bekanntlich ganz gut arbeiten, wenn man sich demütigen kann. Und so, nach Jahrzehnten des Schweigens, wagte ich es, Gott nicht mehr zu ignorieren, und fing an zu beten, wie eben damals am polnischen Kinderbett.

Ich denke, ich gehörte zu der breiten Masse von Menschen, die stark unter der sogenannten Bedeutungskrise (meaning crisis) litten – in der wir uns, trotz aller Konversionen zum Christentum, als Menschheit immernoch befinden. Darum war ich auch einer von denen, die viel Positives von Persönlichkeiten wie Jordan Peterson bekamen, z. B. den Zugang und den Respekt vor Religion im Allgemeinen und der Bibel im Speziellen. Das war ganz wichtig für mich, um im Christentum und nicht woanders nach Halt und Heilung zu suchen.

Ich verstand schnell, dass der Mensch Initiation braucht und durch Rituale lebt, die Theorie muss in die Praxis umgesetzt werden, die Idee braucht Form, der Geist braucht einen Körper. Der Glaube braucht eine Kirche und Anbetung.

Und so fand ich durch Bekannte nette Freikirchler, auf der anderen Straßenseite eine katholische Kirche und im Internet orthodoxe Gemeinden. Die Videos von Vater Alexej Veselov aus Krefeld und viele englischsprachige Inhalte halfen mir dabei, die Orthodoxie für mich als wahr anzunehmen; entscheidend war jedoch die Erfahrung der Liturgie:

Damals noch widerwillig masketragend stand ich ganz hinten und erhaschte für eine Minute zum ersten Mal in meinem Leben den Kelch und wusste (ohne es mir erklären zu können), dass ich das brauchte, und zwar mehr als Essen und Atmen.

Mein „Glaube“ fing im Kopf an, das Herz hinkte noch nach. Also fügte Gott und führte mich in ein Kloster, wo ich die Liturgie und den Priester verstehen konnte. Dort kam ich durch eine direkte Gotteserfahrung zum vollen Glauben, verließ Stadt, Verwandte und Freunde und zog neben das Kloster, um getauft zu werden und mein Leben auf Gott hin zu ändern. Seitdem sind etwas über drei Jahre vergangen. Ich wohne neben dem Kloster und versuche mit Gotteshilfe, hauptberuflich Ikonen zu malen.



Wie haben Sie sich entschieden, Ikonenmaler zu werden? Gibt es hier Ikonenmalschulen?

Meine erste Ikone malte ich noch vor meiner Taufe, in der Stadt. Ich saß alleine da, schaute aus dem Fenster und spürte eine tiefereiche, nüchterne Wahrheit hinter der Tatsache, dass ich diese Ikone nicht unterschreiben würde. Das tat meinem Ego weh, doch es machte völlig Sinn. Das Malen fühlte sich zum ersten Mal sinnvoll, gut und rein an. Ich bekam einen Vorgeschmack davon, dass die geistliche Welt real ist und das irdische Schauspiel Eitelkeit.

Ich wohnte damals in Wuppertal und fand dort auch den renommierten Ikonenmaler Alexander Stoljarow. Ich durfte ihn besuchen, er sah sich gnädig und liebevoll meine ersten schlechten Versuche an und machte mir Mut. Ich bin ihm sehr dankbar dafür.

Der Heilige Geist ist der Hort der Güter. Von dort kommen unsere Talente. Das fordert von uns Dankbarkeit und Verantwortung.

Christi Parabel von den Talenten handelt zwar von den Tugenden, doch ist sie auf unsere Fähigkeiten in der Welt anwendbar. Besonders der Künstler soll sein Talent zur Ehre Gottes einsetzen, es vermehren und nicht vergraben. Als ich also als Künstler zum Glauben kam, war es naheliegend, dass ich Ikonen malen sollte.

Auf diesem Weg war für mich auch der orthodoxe Künstler Jonathan Pageau aus Kanada prägend, der mein Verständnis von Kunst auf den Kopf stellte. Nachdem ich durch ihn die traditionelle Definition von Kunst als Handwerk und vor allem die tiefe Bedeutung der altchristlichen Kunst verstanden hatte, war es ganz leicht, mich von moderner Kunst zu distanzieren und nicht mehr in ihr nach Sinn und Erfüllung zu suchen. Als Ikonenmaler diene ich Gott, der Kirche und den Menschen, so ein Dienst ist ein felsiges Fundament; Geld, Ego und die Jagd nach Anerkennung hingegen ein sandiges.

Ich denke viel und gerne über Kunst und Glaube nach und schreibe oder spreche auch darüber, wer möchte, kann auf meiner Website www.ikonodul.de/blog einiges davon finden.

In Deutschland kenne ich keine spezifischen Ikonenmalschulen, lediglich Kurse von mehr oder weniger fähigen Malern, oft von unseren katholischen Freunden. Ebenso kenne ich nur wenige etablierte orthodoxe Ikonenmaler wie den oben erwähnten Alexander Stoljarov, der die beiden Ikonen der Synaxis der Heiligen der Deutschen Lande gemalt hat, er unterrichtet jedoch nicht. Persönlich bekannt sind mir noch Ikonenmaler wie Alexandra Sigel und die junge Josepha Braken. Daneben habe ich noch von den Priesterfrauen Mariana Limberger aus Stuttgart und Tamara Sikojev aus Berlin gehört. Ob diese unterrichten, weiß ich nicht.


Sie haben in den sozialen Medien geteilt, dass Sie eine Ikone für Altvater Gabriel Bunge geschrieben haben. Wie kam es dazu?

Jemand wollte Vater Gabriel Bunge eine Ikone schenken und beauftragte mich, sie zu malen. Dies tat ich und zusammen mit dem Kunden überbrachten wir sie ihm. Er gewährte uns ein zweistündiges Gespräch. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.

Doch um Ihre andere Frage, warum so viele Pilger zu ihm kommen, zu beantworten, denke ich, dass Menschen sich verständlicherweise nach geistlicher Führung sehnen. Es gab wohl schon immer Menschen, die Gott mehr als den Gemeindestandard darbringen wollten, und so suchten sie die Mönchsväter und -mütter auf, denn diese bezeugen Christus durch ihr Leben in Abkehr von weltlichen Vergnügen und waren somit Gott näher. Das zieht uns an.

Gleichzeitig dürfen wir nicht vergessen, dass, wie der hl. Paissios sagt, wir dem geistlichen Tourismus nicht verfallen dürfen, d. h. nur von Kloster zu Kloster zu reisen, ohne dem Rat der Väter zu folgen. Sie lehren uns durch ihr Leben in Christus, uns mit unseren Problemen an Gott zu wenden, zu vertrauen und loszulassen. Wir sollen ja selbst zu solchen Vätern und Müttern werden, und nicht auf ewig Kinder bleiben.


Wer ist der Autor der Ikone „Aller deutschen Heiligen“ und was bedeutet sie für die Orthodoxen in Deutschland?


Die Ikone „Synaxis der Heiligen der Deutschen Lande“ hat, wie oben erwähnt, Alexander Stoljarov gemalt. Prinzipiell bringt es immer Segen, lokale Heilige zu verehren, die Ikone ist also eine Chance. Darum bemüht sich die DOM Gesellschaft zu Ehren des hl. Erzengels Michael darum, die Ikone und somit die noch größtenteils wenig bekannten Heiligen überall bekannt zu machen, indem die Ikone regelmäßig auf Wanderung durch die nicht-deutschsprachigen Gemeinden geschickt wird. Dazwischen kehrt sie immer wieder zurück zu ihrem festen Standort in der Klosterkirche der Verkündigungs-St.-Justin-Einsiedelei in Unterufhausen bei Fulda, neben der ich auch wohne.


Wie sehen Sie die Zukunft der Orthodoxie in Deutschland?

Hoffentlich in Christus. Hoffentlich.

 

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